Die demografische Verschiebung hin zu einer alternden Gesellschaft stellt Kommunen vor zunehmende Herausforderungen in der örtlichen Pflegeplanung. Um diesen Herausforderungen effektiv zu begegnen, bedarf es einer fundierten Analyse der Angebotsstruktur, der Bevölkerungsentwicklung und der Bedarfsberechnung.
Einleitung
Die steigende Lebenserwartung und die gleichzeitig niedrigen Geburtenraten führen zu einem stetigen Anstieg des Anteils älterer Bürgerinnen und Bürger. Diese Entwicklung verstärkt die Nachfrage nach Pflegeleistungen erheblich, bei gleichzeitig steigendem Fachkraftmangel. Dies erfordert eine grundlegende Anpassung der Pflegeinfrastruktur und setzt eine zukunftsorientierte Planung voraus. Eine moderne Sozialplanung ist somit ein Steuerungsinstrument für Politik, Verwaltung, Investoren und Betreiber, Kooperationspartner und Bürger. Im Rahmen der Sozialplanungen werden die sozialen Lagen und Entwicklungen in den verschiedenen Sozialräumen der Planungsräume analysiert und darauf aufbauend Handlungsempfehlungen erarbeitet. Ziel der Planungen ist, eine bedarfsgerechte soziale Infrastruktur für alle Bürgerinnen und Bürger zu gewährleisten. Dabei müssen verschiedene Anforderungen an die Pflegeinfrastruktur berücksichtigt werden.
Steigender Pflegebedarf
Der zunehmende Pflegebedarf in unserer Gesellschaft ist eng mit dem höheren Lebensalter und den damit verbundenen Risiken für chronische Erkrankungen verknüpft. Krankheiten wie Demenz, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Schlaganfall sowie Erkrankungen des Bewegungsapparates nehmen mit dem Alter zu und erfordern oft eine intensive Betreuung und Pflege. Insbesondere die Babyboomer-Generation steht nun vor der Herausforderung, vermehrt pflegebedürftig zu werden. Diese demografische Verschiebung hat weitreichende Auswirkungen auf die Pflegelandschaft.
Die Rolle der Babyboomer-Generation
Die Angehörigen der Babyboomer-Generation zeichnen sich durch ihren Anspruch an Lebensqualität, Selbstbestimmung und Individualität aus. Anders als frühere Generationen legen sie großen Wert darauf, auch im Alter aktiv und selbstbestimmt zu leben. Sie sind gut informiert über ihre Rechte und erwarten eine Pflege, die ihren individuellen Bedürfnissen entspricht. Dieser Wunsch nach Autonomie und maßgeschneiderter Betreuung beeinflusst direkt die Pflegelandschaft und erfordert flexible und bedarfsgerechte Pflegeangebote Zusätzlich verfügen die Babyboomer und ihre Familien oft über finanzielle Ressourcen, die es ihnen ermöglichen, in einen entsprechenden Service und Komfort zu investieren. Dies führt zu einem verstärkten Wettbewerb unter den Pflegeanbietern und einem verstärkten Fokus auf Qualität und Kundenzufriedenheit.
Anforderungen an die Pflegeinfrastruktur
Die Anpassung und Erweiterung der Pflegeeinrichtungen und Infrastruktur sind von entscheidender Bedeutung, um dem wachsenden Bedarf gerecht zu werden. Bestehende Einrichtungen müssen nicht nur erweitert, sondern auch modernisiert werden, um den veränderten Anforderungen und Bedürfnissen zu entsprechen. Zusätzlich müssen im Rahmen der Nachhaltigkeit neue Gebäudeanforderungen umgesetzt werden. Der Kapazitätsausbau in der stationären Pflege stagniert seit 2017, was auf volatile Rahmenbedingungen, Fachkraftmangel und Unsicherheiten bei der Refinanzierung zurückzuführen ist. Zudem wurden Doppelzimmer zu Einzelzimmern umgewidmet, wodurch stationäre Pflegeeinrichtungen statistisch kleiner geworden sind. Der entscheidende und limitierende Faktor für den Ausbau von vollstationären Angeboten für Seniorenwohnen ist jedoch der Mangel an (Fach-)Personal für die Pflege.
„Die Anpassung und Erweiterung der Pflegeeinrichtungen und Infrastruktur sind von entscheidender Bedeutung, um dem wachsenden Bedarf gerecht zu werden.“
Insbesondere die Nachfrage nach ambulanten Pflegediensten nimmt zu, da viele ältere Menschen den Wunsch haben, so lange wie möglich in ihrer vertrauten Umgebung zu bleiben. Dies erfordert eine verstärkte Vernetzung und Organisation der ambulanten Pflegedienste sowie eine enge Zusammenarbeit mit niederschwelligen und ehrenamtlichen Angeboten.
Wohn- und Pflegekonzepte
Alternativ zu traditionellen Pflegeheimen gewinnen Wohnungen für Seniorenwohnen und ambulant betreute Wohngemeinschaften an Bedeutung. Sie ermöglichen älteren Menschen ein selbstbestimmtes Leben mit professioneller Unterstützung und können eine geeignete Option für relativ selbstständige Personen im Alter sein. Betreutes Seniorenwohnen hat sich in den vergangenen Jahren zu einer festen Säule im Spektrum altersgerechter Wohnmöglichkeiten entwickelt. Die Prognoseberechnungen gehen von einem weiteren Bedarfsanstieg aus. Wie groß der Bedarf für Seniorenwohnen in Zukunft eingeschätzt wird, hängt von der demografischen Entwicklung und von weiteren Parametern wie der
regionalen Kaufkraft und dem regionalen Angebot an etablierten ambulanten und stationären Angeboten ab. Dies führt zwingend zu einer regional differenzierten Betrachtung. In einigen Regionen ist durch den starken Kapazitätsausbau in den letzten Jahren der Bedarf bereits gesättigt. Der Begriff Seniorenwohnen ist nicht geschützt, er reicht von reinem Servicewohnen, welches lediglich barrierearmen bzw. barrierefreien Wohnraum und niederschwellige Angebote (Hausnotruf) umfasst, bis zu Angeboten, welche im Versorgungsumfang stationären Einrichtungen kaum nachstehen, da sie Seniorenwohnen mit einer 24-Std.-Betreuung und Tagespflegeangeboten kombinieren und eine ähnliche Versorgungstiefe erreichen wie vollstationäre Angebote. Daher muss der Bedarf von Betreutem Wohnen und vollstationärer Pflege immer übergreifend – und konzeptabhängig – betrachtet werden.
Regionale Unterschiede
Individuelle regionale Rahmenbedingungen und Entwicklungsperspektiven sind von entscheidender Bedeutung für die Pflegeplanung und müssen daher sorgfältig berücksichtigt werden. Besonders ländliche Gebiete sind oft von einer unzureichenden Versorgung im Pflegebereich betroffen. Es ist daher unerlässlich, spezifische Maßnahmen zu ergreifen, um sicherzustellen, dass auch in diesen Regionen eine angemessene Pflegeinfrastruktur vorhanden ist. Nur durch solche spezifischen Maßnahmen können regionale Disparitäten in der Pflegeversorgung ausgeglichen und eine flächendeckende, qualitativ hochwertige Betreuung gewährleistet werden. Dazu gehört auch eine Etablierung und Vernetzung von Ausbildungsstätten wie zum Beispiel Pflegeschulen.
„Besonders ländliche Gebiete sind oft von einer unzureichenden Versorgung im Pflegebereich betroffen.“
Personalbedarf und Qualifikation
Der alles limitierende Faktor für den Ausbau von Versorgungsangeboten ist der Mangel an qualifiziertem Personal für die pflegerische Versorgung. Es ist entscheidend, mehr Pflegekräfte auszubilden und die Arbeitsbedingungen zu verbessern, um eine hochwertige Versorgung zu gewährleisten. Darüber hinaus ist eine kontinuierliche Aus- und Weiterbildung von Pflegekräften unerlässlich, um den sich wandelnden Anforderungen gerecht zu werden. Die Qualifizierung von Hilfskräften kann ebenfalls dazu beitragen, die limitierten Fachkräfte zu entlasten und die Pflegequalität zu erhöhen. Dies erfordert eine verstärkte Vernetzung und Organisation der ambulanten Pflegedienste sowie eine enge Zusammenarbeit mit niederschwelligen und ehrenamtlichen Angeboten, um eine umfassende Versorgung sicherzustellen. Dieser Engpass behindert nicht nur die Erweiterung der vorhandenen Angebote, sondern stellt auch eine Herausforderung für die Qualität und Kontinuität der Versorgung dar. Ambulante Angebote wie das Seniorenwohnen sind weniger personalintensiv als vergleichbare Angebote in der vollstationären Pflege.
Kosten und Finanzierung
Die steigenden Pflegekosten stellen gesamtgesellschaftlich eine hohe finanzielle Belastung dar. Trotz der Erhöhung und Dynamisierung von Leistungsansprüchen an die Soziale Pflegeversicherung durch zurückliegende Reformen sind die Pflegedürftigen und ihre Angehörigen weiterhin mit einem hohen Eigenanteil an den Kosten ihrer Versorgung beteiligt. In vielen Fällen führt dies zu einer finanziellen Überforderung, sodass die Kostenlast subsidiär auf die kommunale Ebene im Rahmen der Sozialhilfe zurückfällt. Im Jahr 2022 betrugen die Ausgaben für die „Hilfe zur Pflege“ rund 3,5 Mrd. Euro. Gegenüber dem Jahr 2012 ist dies ein Anstieg um 8,4 % (Statistisches Bundesamt 2024). Ob die für die nächste Legislaturperiode angekündigte Reform der Pflegeversicherung eine spürbare finanzielle Entlastung der Beteiligten mit sich bringen wird, bleibt abzuwarten. Insofern ist auch das Dämpfen eines weiteren Kostenanstiegs ein wichtiger Aspekt der kommunalen Pflegeplanung.
Hierfür sind insbesondere förderliche Rahmenbedingungen für die Pflegevermeidung, eine kostengünstige informelle Betreuung und Pflege sowie eine hohe Effizienz der Leistungserbringung (u.a. durch den Einsatz von modernen Technologien) hilfreich.
„Die steigenden Pflegekosten stellen gesamtgesellschaftlich eine hohe finanzielle Belastung dar.“
Auch die derzeitige und perspektivische Entwicklung der örtlichen Kaufkraft spielt eine wesentliche Rolle bei der Ausgestaltung der Angebote im kommunalen Planungskontext. Sowohl für Personen, die über maßgebliche gesetzliche, private und betriebliche Renten- oder Pensionseinkünfte sowie Vermögenswerte verfügen (was für einen großen Teil der Babyboomer-Generation zutrifft), als auch für den hohen und tendenziell steigenden Anteil der Senioren, die von Altersarmut bedroht sind (28,1 % der über 65-Jährigen im Jahr 2021; Deutscher Bundestag 2023), werden adäquater Wohnraum und Versorgungsmöglichkeiten benötigt.
Unterstützung für pflegende Angehörige
Viele pflegebedürftige Menschen werden von ihren Angehörigen zu Hause betreut. Diese benötigen Unterstützung durch professionelle Pflegekräfte sowie finanzielle Hilfen und flexible Arbeitszeitmodelle. Kommunen können die Infrastruktur für ambulante Pflegedienste verbessern, um regelmäßige und zuverlässige Unterstützung zu Hause sicherzustellen. Zudem können Vermittlungsdienste etabliert werden, die schnell und unbürokratisch professionelle Pflegekräfte an pflegende Angehörige vermitteln. Eine Zusammenarbeit mit regionalen Arbeitgebern ermöglicht ggf. die Implementierung von Pflegezeitregelungen für flexible Freistellungen. Durch den Aufbau und die Förderung von Tagespflegeeinrichtungen können Pflegebedürftige länger in der Häuslichkeit versorgt werden. Zudem muss ein ausreichendes Angebot an Kurzzeitpflegeplätzen zur Verfügung stehen. Informationskampagnen, Organisation und Bereitstellung von Schulungsangeboten für pflegende Angehörige, soziale und psychologische Unterstützung sowie der Aufbau von Netzwerken zur gegenseitigen Unterstützung und zum Erfahrungsaustausch können Angehörige ebenfalls entlasten.
Einsatz von modernen Technologien
Um den steigenden Pflegebedarf effektiv zu bewältigen, sind Investitionen in moderne Technologien wie Telemedizin, Robotik und digitale Pflegedokumentation unerlässlich. Investitionen in solche Technologien können nicht nur die Effizienz und Qualität der Pflege deutlich verbessern, sondern auch das Pflegepersonal entlasten und Zeitkapazitäten für die originäre pflegerische Versorgung erhöhen. Barrierearme oder barrierefreie Wohnangebote sind ebenfalls von entscheidender Bedeutung, um den Bedürfnissen älterer Menschen gerecht zu werden. Besonders dann, wenn dieser Wohnraum um Lösungen aus dem Smart-Living-Bereich ergänzt wird.
Medizinische Versorgung
Eine kommunale Pflegeplanung sollte von einer Analyse der ambulanten und stationären Gesundheitsversorgung flankiert werden. In vielen Kommunen ist es aktuell oder perspektivisch herausfordernd, die medizinische Versorgung sicherzustellen. Im ambulanten Gesundheitsmarkt schreitet die Urbanisierung weiter voran. Die Angebote konzentrieren sich an attraktiven Standorten. Dagegen wird es insbesondere in nicht städtisch geprägten Regionen immer schwieriger, klassische Einzelpraxen nachzubesetzen. Zudem macht sich der demografische Wandel in der Ärzteschaft zunehmend bemerkbar.
Auch die stationäre Versorgung in Krankenhäusern – und hiermit verbunden die Notfallversorgung und der Rettungsdienst – bedürfen vor dem Hintergrund der laufenden und mit der Krankenhausreform künftig wohl forcierten Strukturveränderung einer vorausschauenden Planung. Auf Basis von Analysen und Prognosen hinsichtlich der Versorgungssituation, des Bedarfs und des Fachkräfteangebots sowie unter Berücksichtigung der gesundheitspolitischen Entwicklungen sind die Gestaltungsoptionen der Kommune abzuwägen. Hierzu zählt auch die Schaffung von Kommunikationsebenen der Akteure
zur Entwicklung sektorübergreifender Konzepte und Kooperationen. Handlungsbedarf besteht v.a. bei vielen kleineren, wenig spezialisierten Krankenhäusern der Grund- und Regelversorgung.
Sind die Voraussetzungen bezüglich Reputation, Expertise und Einzugsgebiet gegeben, kann eine Spezialisierungsstrategie erfolgreich sein. Auch sektorübergreifende Kooperationen und Umwidmungen – z.B. in Medizinische Versorgungszentren – können dazu beitragen, eine zukunftsfähige Versorgungsstruktur zu etablieren.
Im Rahmen der aktuell mit mehreren Gesetzgebungsverfahren in der Umsetzung befindlichen Reform des Krankenhaussektors soll u.a. der Ausbau der sektorenübergreifenden und integrierten Gesundheitsversorgung in struktur- und bevölkerungsschwachen Regionen vorangetrieben werden. Im Fokus stehen dabei Versorgungseinrichtungen, deren Spektrum stationäre und ambulante Gesundheitsleistungen sowie medizinisch-pflegerische Angebote umfasst. Die medizinisch-pflegerischen Angebote sollen neben Übergangs- und Kurzzeitpflege nach SGB V auch Kurzzeit-, Tages- und Nachtpflege nach SGB XI einschließen. Es ist geplant, dass der Bund und die Länder ab 2025 die Umwandlung von Krankenhausstandorten in sektorenübergreifende Versorgungseinrichtungen finanziell unterstützen. Entsprechend umgewidmete Krankenhäuser sollten von den Kommunen auch als potenzielle neue Anbieter von Pflegeleistungen in ihre Versorgungsplanungen einbezogen werden.
Kommunale Pflegeplanung als Teil der Sozialplanung
Die Erstellung eines umfassenden Pflegeberichts erfordert eine strukturierte und methodische Vorgehensweise. Dazu gehören zunächst die Erhebung und Analyse aller relevanten Daten. Diese umfassen Informationen über die demografische Zusammensetzung der Bevölkerung, bestehende differenzierte Versorgungsstrukturen, finanzielle Ressourcen sowie gesetzliche Rahmenbedingungen. Anschließend werden diese Daten sorgfältig ausgewertet und interpretiert, um ein umfassendes Bild der aktuellen Pflegesituation und der damit verbundenen Herausforderungen zu erhalten.
Nur durch ein genaues Verständnis von relevanten Einflussfaktoren können adäquate Maßnahmen zur Verbesserung der Pflegeinfrastruktur entwickelt werden.
Bedarfsprognosen
Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Erstellung von Bedarfsprognosen. Hierbei kommen spezialisierte Modelle zum Einsatz, die auf umfangreichen Daten und Erfahrungswerten basieren. Diese Modelle ermöglichen eine Abschätzung des zukünftigen Pflegebedarfs und dienen als Grundlage für die
Entwicklung von Handlungsempfehlungen und Strategien zur langfristigen Planung. Die SozialGestaltung GmbH hat eigene Bedarfsberechnungsmodelle entwickelt. Die Bedarfsberechnungsmodelle verwenden kleinräumige Bevölkerungsdaten und ermöglichen eine zuverlässige Prognose bis 2040.
Der Pflegebedarf wird unterteilt nach informeller (durch Angehörige), ambulanter und vollstationärer Unterstützung in dem sehr feingliedrigen Format des Postleitzahlengebiets 8 (ein PLZ-Gebiet = 500 Haushalte). Auf Basis des Bedarfsberechnungsmodells für die Dauerpflege und das betreute Seniorenwohnen sind somit eine detaillierte Analyse des Pflegebedarfs und verschiedene Prognoseszenarien für kleinteilige Planungsräume darstellbar. Auf der Grundlage des dezidierten Bedarfsmodells treffen Betreiber regelmäßig praxisrelevante Investitionsentscheidungen. Die Integration von Statistiken auf Kreisebene für verschiedene Altersgruppen gewährleistet eine detaillierte Bedarfsaussage für jüngere und ältere Seniorinnen und Senioren. Nutzerinnen und Nutzer mit und ohne Pflegebedarf werden bei der Bedarfsaussage ebenso berücksichtigt, wie die Nutzung von Wohneinheiten durch zwei Personen (z.B. Paare). Darüber hinaus schließt das Modell verzerrende Effekte durch die Corona-Pandemie ein. Unter Einbeziehung aktueller Daten wird es fortlaufend fortgeschrieben, um stets aktuelle Prognosen zu liefern. Regionalspezifische Einflussfaktoren gehen in die Bedarfsberechnung ein, sodass diese Herangehensweise insbesondere für die kommunale Pflegeplanung einen Mehrwert bietet.
Das Bedarfsberechnungsmodell der SozialGestaltung GmbH für das Seniorenwohnen basiert auf dem fundierten und praxiserprobten Bedarfsmodell für die Pflege sowie den Erkenntnissen der bundesweit größten Studien zum Betreuten Wohnen der SozialGestaltung (unter der Vorgängerfirma BFS Service GmbH) und des Kuratorium Deutscher Altershilfe aus den Jahren 2018, 2022 und prospektiv 2024. Mit der bedarfsorientierten Herangehensweise, die vollstationäre, ambulante und informelle Versorgungsformen berücksichtigt, wird ein umfassendes Bild zukünftiger Herausforderungen abgebildet. Verschiedene Szenarien stellen mögliche Veränderungen unter Berücksichtigung relevanter Einflussfaktoren dar.
Da im Rahmen der Bedarfsberechnung stets auch eine individuelle Recherche zu den vorhandenen Pflegeplätzen erfolgt, schaffen die Analysen der SozialGestaltung die Basis für eine zukunftssichere Bedarfsplanung.
Personalsituation
Neben der Bedarfssituation spielt das verfügbare (Fach-)Personal eine entscheidende Rolle bei der Planung der pflegerischen Infrastruktur. Der Fachkraftmangel in der Pflege ist bundesweit eklatant. Kreisspezifisch lassen sich jedoch deutliche Unterschiede feststellen. Die zukünftige, kreisspezifische Fachkräftelücke ergibt sich aus dem Zusammenspiel von Arbeitsangebot und Arbeitsnachfrage des jeweiligen Kreises. Dabei wird als Indikator für die Entwicklung der Arbeitskräftenachfrage nach Pflegekräften die kreisspezifische Zunahme der professionell versorgten Pflegebedürftigen bis zum Jahr 2035 herangezogen.
„Neben der Bedarfssituation spielt das verfügbare (Fach-)Personal eine entscheidende Rolle bei der Planung der pflegerischen Infrastruktur.“
Die Entwicklung des Arbeitskräfteangebots hängt hingegen von mehreren Faktoren ab und ist somit deutlich schwieriger abzuschätzen. Um der Komplexität Rechnung zu tragen, werden vier verschiedene Determinanten des Arbeitskräfteangebots betrachtet. Die erste Determinante ist der Zugang zur Pflege. Dieser soll die aktuellen Rekrutierungsmöglichkeiten am Arbeitsmarkt abbilden und setzt sich demzufolge zusammen aus der Anzahl der Auszubildenden in der Pflege, der Anzahl der Schulabgänger sowie der Anzahl der als arbeitslos gemeldeten Alten-, Gesundheits- und Krankenpfleger. Diese drei Faktoren werden jeweils in Relation zu dem aktuell beschäftigten Personal in Vollzeitäquivalenten abgebildet. Die zweite Determinante bildet der Verbleib im Job, der die Attraktivität der Pflegewirtschaft als Arbeitgeber berücksichtigt. Dieser wird bestimmt anhand der um die regionale Kaufkraft bereinigten Löhne in der Pflege und der Anzahl der Arbeitsplatzwanderer (Binnenwanderungssaldo). Dritte Determinante und Indikator für die Berufstreue ist die altersbezogene Jobabbruchswahrscheinlichkeit. Für die Berechnung wird die regionale Altersstruktur des Pflegepersonals mit der altersbezogenen Jobabbruchswahrscheinlichkeit multipliziert. Als vierte Determinante und prognostische Komponente geht die Entwicklung des Erwerbspersonenpotenzials bis zum Jahr 2035 in die Berechnungen mit ein. Ein- und Auspendlerbewegungen müssen ebenso berücksichtigt werden wie die Altersstruktur der verfügbaren Arbeitskräfte in der Region oder die Attraktivität der Arbeitgeber vor Ort.
Handlungsempfehlungen
Die Erarbeitung von Handlungsempfehlungen ist ein entscheidender Schritt in der kommunalen Pflegeplanung. Um den Herausforderungen in der örtlichen Pflegeplanung zu begegnen, sind innovative Lösungsansätze erforderlich. Dazu gehören unter anderem die Förderung von alternativen Pflegemodellen wie ambulanter Pflege und betreutem Wohnen, die Verbesserung der Ausbildung und Arbeitsbedingungen für Pflegekräfte, die Integration von Technologien zur Unterstützung der Pflege, eine Versorgungsstrukturplanung hinsichtlich der medizinischen Gesundheitsversorgung sowie die Stärkung der Zusammenarbeit zwischen Regierungsbehörden, Pflegeeinrichtungen, Gesundheitsdienstleistern und Gemeinschaftsorganisationen. Dabei sollten sowohl kurzfristige Maßnahmen zur Bewältigung akuter Engpässe als auch langfristige Strategien zur nachhaltigen Verbesserung der Pflegeinfrastruktur berücksichtigt werden. Diese Empfehlungen sollten auf fundierten Analysen und Prognosen basieren und von einem breiten Spektrum an Interessengruppen unterstützt werden. Neben der reinen Pflegeinfrastruktur spielen auch weitere Faktoren eine wichtige Rolle, beispielsweise die Unterstützung pflegender Angehöriger, die Förderung von neuen Wohn- und Pflegekonzepten oder die Integration moderner Technologien. Eine ganzheitliche Pflegeplanung sollte daher auch diese Aspekte berücksichtigen und entsprechende Maßnahmen zur Verbesserung der Pflegesituation in der Gemeinde oder Stadt entwickeln. Um sich angemessen auf die Herausforderungen vorzubereiten, müssen Kommunen eine umfassendere städtebauliche und sozialräumliche Planung etablieren. Dies erfordert nicht nur die Optimierung der Pflegeinfrastruktur, sondern auch die Berücksichtigung anderer wichtiger Aspekte wie die öffentliche Infrastrukturplanung.
Um fundierte Analysen durchzuführen und maßgeschneiderte innovative Lösungen zu finden, kann es helfen, externe Beratung hinzuzuziehen. Ist die Grundlage einmal geschaffen, so können geeignete Politikmaßnahmen und Programme entwickelt und umgesetzt werden, damit die vorliegenden Herausforderungen erfolgreich bewältigt werden.
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Susanne Leciejewksi
Geschäftsführerin
Britta Klemm
Leitung Beratung Sozialwirtschaft und Research
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