
Der Markt für Pflegeimmobilien wird wieder attraktiver. Sinkende Bauzinsen und verbesserte Finanzierungsbedingungen wecken das Interesse von Investoren und Bauträgern an einem wachsenden Sektor, der durch die alternde Babyboomer-Generation immer stärker nachgefragt wird. Für Eigentümer, die ihre Immobilie oder ihren Betrieb verkaufen wollen, zahlt es sich aus, den Transaktionsprozess gründlich vorzubereiten.
Trotz der hohen Marktrelevanz stellen Pflegeimmobilien Käufer vor viele potenzielle Risiken, die vor einer Investitionsentscheidung sorgfältig abgewogen werden sollten. Diese Risiken schmälern nicht die grundsätzliche Attraktivität des Investments, führen jedoch zu komplexeren und umfangreicheren Prüfprozessen im Rahmen einer Transaktion („Due Diligence“).
Neue Regularien im Bereich der Nachhaltigkeit, differenzierte Betrachtungen von Betreibern und deren Herausforderungen sowie landeseigene Heimgesetze erweitern zunehmend klassische Due-Diligence-Prüfungen. Zusätzlich handelt es sich oftmals um komplexe Transaktionsfälle, weil zwischen der Immobilie, dem Betrieb oder einer gemeinsamen Veräußerung unterschieden werden muss. Da die Prüfungsprozesse immer umfangreicher werden, sollte der Verkäufer den Transaktionsprozess selbst gründlich vorbereiten. Der Vorbereitungsprozess lässt sich in sieben Analyseschritte untergliedern.

- Analyse der Betreiber- und Organisationsstruktur
Die Vorbereitung eines Transaktionsprozesses beginnt mit der Analyse der Betreiber- und Organisationsstruktur. Es gilt zu klären, wer in den Transaktionsprozess eingebunden werden muss bzw. durch welche Stellen Informationen zu Verfügung gestellt werden können. In Vorbereitung auf die weiteren Analyseschritte sind Informationen zur Gesellschaftsstruktur (Gesellschaftervertrag), Verantwortlichkeiten (Organigramm) und bestehende Kooperationen (Kooperationsverträge) bereitzustellen. Der Fokus in diesem Schritt sollte darauf liegen – vollumfänglich – alle notwendigen Unterlagen zu sammeln bzw. zu ergänzen.
- Marktanalyse
Im Rahmen der Marktanalyse sollten sowohl die Standort- als auch die Nutzungsqualität auf Makro- und Mikroebene für die Bewohnerzielgruppe bewertet werden. Hierzu gehören z. B. die Berücksichtigung der infrastrukturellen Gegebenheiten, insbesondere für das Personal. Zudem muss eine umfassende Untersuchung der demografischen Trends sowie Prognosen zu den zukünftigen Bedarfen der lokalen Versorgungsmärkte erfolgen. Darüber hinaus ist eine Analyse der Entwicklungen und Trends in Bezug auf mögliche Diversifikationen neuer Wohn- und Betriebsformen, wie etwa „stambulante“ Angebote, erforderlich. Ziel ist es, dem potenziellen Käufer von der Attraktivität des Investments zu überzeugen. Dabei sind nicht nur der Status quo, sondern auch die perspektivischen Entwicklungsmöglichkeiten von Bedeutung.
- Wettbewerbsanalyse
In Bezug auf den Wettbewerb ist aus Verkäufersicht zu prüfen und herauszuarbeiten, ob die konzeptionelle Ausrichtung strategisch sinnvoll und tragfähig ist. Dabei ist die Positionierung des Vorhabens im Wettbewerbsumfeld beispielsweise hinsichtlich Auslastung, Kosten, Einzelzimmer-Quote und Qualität von entscheidender Bedeutung. Wesentlich ist auch die Identifikation von Alleinstellungsmerkmalen, die das Vorhaben auszeichnen.
- Personalsituation
Im Bereich Personal sollte der Betreiber beispielsweise herausstellen, wie er am Markt performt. Hierbei spielen u. a. Arbeitgeberattraktivität, Werteorientierung und Nachhaltigkeit eine zentrale Rolle. Die Qualität der Zusammenarbeit mit Stakeholdern wie sozialen Diensten, Therapeuten, Vereinen und Verbänden ist ebenso wichtig. Zudem ist zu analysieren, ob die regionalen Personalressourcen und -vorgaben langfristig erfüllt werden können oder ob die Rollen- und Aufgabenverteilung in der Einrichtung zur Implementierung des Personalbemessungssystems der stationären Langzeitpflege grundlegend weiterentwickelt wurden. Dabei sollten die Organisationsprozesse zur qualifikations- und kompetenzorientierten Arbeitsorganisation nachhaltig an die aktuellen und strategischen Marktentwicklungen angepasst sein.
- Wirtschaftlichkeitsanalyse
Bei der Wirtschaftlichkeitsanalyse werden potenzielle Käufer die Ertrags-, Vermögens- und Finanzlage intensiv prüfen und neben den Jahresabschlüssen zahlreiche weitere Finanzunterlagen anfordern. Diese Unterlagen sollten vor Herausgabe ebenfalls überprüft werden, um Inkonsistenzen zu vermeiden und auf Nachfragen vorbereitet zu sein. Diese Überprüfung sollte sich auf folgende Bereiche beziehen:
- Plausibilisierung: Auf eine Konsistenz der Finanzangaben insgesamt ist zu achten. Nicht selten weichen Angaben aus internen Auswertungen voneinander ab.
- Benchmark: Übergeordnete Kennzahlen im Branchenvergleich bieten eine erste Orientierung zur Ermittlung von Auffälligkeiten. Diese sollten gegenüber Käufern aufgegriffen und passende Lösungsansätze präsentiert werden.
- EBITDA-Normalisierung: Bei der Normalisierung handelt es sich um Anpassungen einmaliger, nicht wiederkehrender Aufwendungen (oder Erlöse), wie z. B. Beratungskosten oder Abfindungen. Diese Anpassungen beeinflussen den Unternehmenswert und damit den möglichen Verkaufspreis.
- Potenzialanalyse: Professionelle Käufer kennen die Hebel zur Realisierung von Einsparungen, doch der Verkäufer hat einen Wissensvorsprung. Wirtschaftliche Potenziale sollten daher aktiv aufgezeigt und quantifiziert werden, denn diese können den Unternehmenswert ebenfalls steigern.
- Betrachtung von ESG-Kriterien
In den vergangenen Jahren ist auch die Nachhaltigkeitsbetrachtung in Transaktionsprozessen unabdingbar geworden. Bei Immobilien- und Unternehmensverkäufen werden ESG-Kriterien zunehmend in die Due-Diligence-Prüfung integriert, um potenzielle Risiken und Chancen in den Bereichen Umweltverträglichkeit, soziale Verantwortung und Unternehmensführung zu bewerten. Dadurch werden die Zusammenstellung und Aufbereitung zentraler Kennzahlen mit Bezug zur Nachhaltigkeit durch den Verkäufer immer häufiger notwendig.
- Immobilienanalyse
Neben der energetischen Perfomance sollte im Rahmen der Immobilienanalyse auch eine grundsätzliche technische Bestandsaufnahme (TDD) der Immobilie durchgeführt werden. Auch eine Standort- und Grundstücksanalyse ist empfehlenswert. Bei Pflegeimmobilien ist entscheidend, dass die Vorgaben der jeweiligen Landesheimgesetzgebung eingehalten werden. Fehlende Dokumentation von möglichen Ausnahmeregelungen können in späteren Verhandlungen zu Problemen führen. Ein weiterer Prüfpunkt ist die Drittverwendbarkeit. Ist das Objekt bspw. zu stark auf die stationäre Nutzung ausgerichtet, wird es bei Fachkräftemangel schwierig, alternative Konzepte umzusetzen. Eine mögliche Drittverwendung, etwa durch ambulante Betreuung, schafft eine zukunftsorientierte Perspektive.
Fazit
Immobilie und Betrieb sind im Pflegesektor eng miteinander verknüpft. Daher sind beim Prüfungsprozess alle oben aufgeführten Analyseschwerpunkte relevant, unabhängig davon, ob ausschließlich die Immobilie oder der Betrieb veräußert wird. Je nach Art der Transaktion sind spezifische Schwerpunkte zu setzen, die die individuellen Herausforderungen und Potenziale der Immobilie und des Betriebs in den Vordergrund stellen. Eine sorgfältige und umfassende Vorbereitung des Verkäufers auf diesen Prozess ist unerlässlich, um sich auf Nachfragen potenzieller Käufer frühzeitig vorzubereiten, Potenziale zu heben und Weiterentwicklungsmöglichkeiten aufzuzeigen. Dies erhöht die Attraktivität des Investments und kann den Unternehmenswert steigern.
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Lukas Lambertz
Berater Sozialwirtschaft
E-Mail: l.lambertz@sozialgestaltung.de

Jonas Stäbler-Lorenz
Projektberatung Sozialimmobilien
E-Mail: j.staebler@sozialgestaltung.de
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