Strategisches Management für Sozialunternehmen

Herausforderungen durch geänderte Rahmenbedingungen für das Management

portrait of a senior business woman in front of the office

Die Dienstleistungsbranche und die sozialwirtschaftlichen Wohlfahrtsunternehmen machen einen bedeutsamen Teil der deutschen Volkswirtschaft aus. In der Freien Wohlfahrt und in kommunalen wie auch privaten Sozialunternehmen sind über 15 Prozent aller Beschäftigten in Deutschland tätig. 

Ökonomische Rahmenbedingungen

In der Sozialwirtschaft ändern sich seit geraumer Zeit die Rahmenbedingungen für Sozialunternehmen. Die damit verbundenen Herausforderungen lassen sich mit folgenden Stichworten charakterisieren:

     

      • Ökonomisierung des Sozialen,

      • Professionalisierung,

      • anspruchsvollere Kundschaft bzw. Klientinnen und Klienten

      • Kommunen/öffentliche Auftraggeber*innen setzen vermehrt auf Projektzuschüsse für befristete, genau festgelegte Aufgaben 

      • Auftraggeber*innen und Spender*innen erwarten eine Berichterstattung über die Wirkungen des eigenen Tuns sowie

      • Nachhaltigkeit und Regelkonformität (Compliance).

    Für Führungskräfte sind daher sowohl fachliche als auch Managementkenntnisse erforderlich. Zahlreiche Konzepte gewerblicher Unternehmen sind inzwischen auf die Sozialwirtschaft übertragbar. Dieser Beitrag gibt Führungskräften der Sozial- und Gesundheitswirtschaft ein Management-Update aus wissenschaftlicher Sicht. 

    Welche Entwicklungen im Bereich des generellen Managements sind für Sozialunternehmen besonders herausfordernd?

    Innerhalb des generellen Managements wird traditionell zwischen dem normativen, strategischen und operativen Management unterschieden. 

    Das normative Management beschäftigt sich mit den generellen Zielen des Unternehmens. Diese umfassen die Normen, Regeln und generelle Prinzipien. Im Rahmen des normativen Managements wird eine Vision für die zukünftige Entwicklungen konzipiert und unter Berücksichtigung aller relevanten Interessen mit den beteiligten Mitarbeiter*innen diskutiert. Diese Vision ist ein langfristiges Zukunftsbild, eine Mission und eine Leitidee für das Unternehmen. Die Vision zeigt den Mitarbeiter*innen den Nutzen ihres Handelns auf und vermittelt den Sinn des eigenen Tuns. Die Verschriftlichung der Vision ist die Grundlage der Formulierung einer Unternehmensstrategie. 

    Das strategische Management verfolgt die Wirksamkeit eines Unternehmens hin zu der langfristigen Ausrichtung der Erfolgspotentiale. Hier wird unterschieden zwischen: 

       

        • dem marktorientierten Ansatz, 

        • dem ressourcenorientierten Ansatz und

        • dem fähigkeitsorientierten Ansatz. 

      Da im strategischen Management die Grundlagen für die Unternehmenstätigkeiten der nächsten Jahre gesetzt wird, spricht man auch davon, dass mittelfristig zu regeln ist, die richtigen Dinge zu tun.

      Das operative Management zielt auf eine effiziente Umsetzung der strategischen Planungen ab. Die gesetzten Rahmenbedingungen (Vision, Unternehmensstruktur und -organisation, Kundschaft und Markt, Produkt- und Leistungspalette, Mitarbeiter*innen, Anlagevermögen, Kultur usw.) bilden die Grundlage für diese Planung. Jetzt geht es darum, die Dinge richtig zu tun, das heißt möglichst effizient und wirtschaftlich zu agieren. Die Tätigkeitsfelder des operativen Managements umfassen alle betriebswirtschaftlichen Funktionen der Finanzierung, des Einkaufs, der Leistungserstellung, des Marketings, der Organisation, des Personalbereichs, des Qualitätsmanagements und der Gestaltung von Prozessen.

      Nach den Erfahrungen des Verfassers werden das Leitbild und die Vision innerhalb des Sozialunternehmens diskutiert und festgelegt. Das operative Tagesgeschäft ist im täglichen Fokus der Vorstände, der Geschäftsführung und der Einrichtungsleiter*innen. Erhebliches Potenzial dürfte besonders im strategischen und im Change-Management liegen. Unter Leadership wird dabei verstanden, dass neben dem effektiven Management eine Veränderung angestoßen und zielorientiert begleitet wird. Das Veränderungsmanagement umfasst alle Aufgaben, Maßnahmen und Tätigkeiten, die eine umfassende Veränderung der Strategien, Strukturen, Abläufe und des Verhaltens ermöglichen. 

      Im Laufe der Zeit haben Unternehmensberater*innen und findige Köpfe aus dem Unternehmensmanagement Konzepte entwickelt, um Unternehmen zu restrukturieren, auf die Erfordernisse des Marktes auszurichten und nachhaltig fit für die Zukunft zu machen. Diese Konzepte sind auch in den betriebswirtschaftlichen Lehrkanon deutscher Hochschulen eingetragen worden. Beim Studium der Literaturbeiträge und der Betrachtung der Angebote von Beratungsunternehmen fällt auf, dass reißerische Konzepte und Schlagworte vorherrschen, wie beispielsweise: Leadership, Changemanagement, Informationsmanagement und Digital Business, Corporate Governance, Compliance und Social Responsibility.

      Bedeutung des strategischen Managements für Sozialunternehmen

      Strategisches Management ist nicht nur für gewerbliche Unternehmen, sondern auch für Sozialunternehmen besonders wichtig, um zukünftigen Anforderungen zu meistern. Dies gilt für die klassischen Instrumente wie für die von Unternehmensberaterinnen und -beratern angebotenen Konzepte.
      Die im gewerblichen Bereich üblichen Ansätze sind in einer eigenen Art und Weise auf die Sozialwirtschaft zu übertragen. Sozialunternehmen unterscheiden sich von einem gewerblichen Industrieunternehmen in verschiedenen Bereichen: 

         

          • Finanzielle und rechtliche Ausgangbedingungen,

          • Leistungsorientierung als Ziel,

          • besondere Instrumente und Maßnahmen, um immaterielle Dienstleistungen „erkennbar“ zu machen (z.B. Qualitätsmanagement und äußere Rahmenbedingungen),

          • Besonderheiten des Marketings,

          • Besonderheiten der Finanzierung,

          • Organisations- und Personalentwicklung, um verhaltensorientierten Ansatz der modernen Managementlehre einzusetzen.

        An Manager*innen in Sozialunternehmen werden diese Anforderungen zunehmend gestellt. Dies gilt auch für die Mitglieder der Aufsichtsgremien.

        Rezept für ein erfolgreiches Management in Sozialunternehmen

        Dass die klassischen kaufmännischen Instrumente beherrscht werden müssen, ist eine Selbstverständlichkeit. In den letzten Jahren hat sich gezeigt, dass für Sozialunternehmen neue Managementinstrumente hinzukommen, wie etwa die Prozessperspektive, die in gewerblichen Unternehmen unter dem Schlagwort des „Business Process Reengineering“ bekannt geworden ist. Nicht zuletzt erfordert die Digitalisierung ein radikales Überdenken des Geschäftsmodells und der Neugestaltung der Unternehmensorganisation. 

        Im Managementalltag stellen sich neue Fragen: 

           

            • Welche betriebswirtschaftlichen Konzepte stehen zur Verfügung? 

            • Wie nutze ich das Potenzial, das meine jungen Mitarbeiter*innen von der Hochschule mitbringen? 

            • Wie mache ich dies nutzbar im praktischen Einsatz? 

            • Reicht meine Management-Kompetenz aus? Benötige ich ein Update?

          Besonders relevant sind Themen des Prozessmanagements, des Business-Reengineering, der Personalwirtschaft, der Organisationslehre, des Marketings und der Management-Modelle. Da sich das strategische Management mit den Erfolgspotenzialen und der Ausrichtung der Unternehmenspolitik befasst, sind die genannten Themen ganzheitlich zu erörtern und zusammen zu führen. Alle auf die Funktionen der betriebswirtschaftlich gerichteten Überlegungen sind um die „neuen Themen“ der Prozessperspektive und der Management-Modelle zu erweitern. Beim Management geht es darum, Veränderungen zu gestalten und zu organisieren. Leadership hingegen initiiert Veränderungen und begleitet diese zielorientiert.

          Schon frühzeitig ist das Managementmodell der St. Gallener Hochschule, das in den 1970er Jahren für den gewerblichen Bereich konzipiert wurde, für Non-Profit-Unternehmen adaptiert worden. Mit der Überarbeitung und Ergänzung durch Knut Bleicher ist ein breit akzeptierter Ansatz entstanden. Die St. Galler Business School lehrt ein Management-Modell, das die drei Bereiche des Managements verbindet. Mittlerweile liegen vier Modell-Generationen vor. Der verhaltenswissenschaftliche Ansatz ist in die klassische BWL integriert worden. Mit dem systemtheoretischen Ansatz gehen Führungskräfte heute unverkrampft um. 

          Das Freiburger Management-Modell steht für einen umfassenden, praxisorientierten Referenzrahmen für die Führungslehre von Non-Profit-Organisationen. Es berücksichtigt Marketing-, Controlling- und Qualitätsmanagement-Aspekte und geht auf die besonderen Anspruchsgruppen von Non-Profit-Organisationen ein.

          Strategisches Management Sozialunternehmen

          Strategisches Management geht alle Leitungskräfte an!

          Für Vorstände und Geschäftsführer*innen stellt sich immer wieder die Frage, wie sie ihr Wissen aktuell halten können. In der gewerblichen Wirtschaft hat sich in den vergangenen Jahrzehnten ein Kanon an Themen ergeben, die an Managementschulen vermittelt werden. Ein Blick auf die gängigen Angebote von MBA-Kursen deutscher Hochschulen und Management-Akademien zeigt eine breite Themenfülle. Es ist faszinierend festzustellen, dass sich zunehmend auch Sozialunternehmen für die Fragen des strategischen Managements interessieren. In den kommenden Jahren ist mit einer zunehmenden Bedeutung dieser Themen für die Sozialwirtschaft zu rechnen.

          Über den Autor: Prof. Dr. Friedrich Vogelbusch ist Abschlussprüfer und Berater im Bereich der Freien Wohlfahrtspflege. Zusätzlich ist er Lehrbeauftragter an der Evangelischen Hochschule für Soziale Arbeit und Partner der Warth & Klein Grant Thornton AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft in Dresden.

          Literatur: Vogelbusch (2018) Management von Sozialunternehmen, Verlag Vahlen, 641 S.

          Den Fachbeitrag als PDF herunterladen